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Strichcode-Verschwörung

Aus Etikettenwissen

Die Strichcode-Verschwörung oder Barcode-Verschwörung ist eine Verschwörungstheorie, die den EAN-Strichcodes auf Produkten besondere Eigenschaften zuschreibt.

Dabei gibt es zwei unterschiedliche Theorien, eine die satanistische Hintergründe hat und eine die aus dem Bereich Strahlung / Energie stammt.

666 - Die Zahl des Bösen

EAN Strichcode

Die Zahl Sechshundertsechsundsechzig wird oft dem Antichristen zugeschrieben und kommt in der Offenbarung des Johannes vor.

Die Theorie beruht nun darauf, dass jeder EAN-Strichcode 3 Begrenzungsstriche enthält, die länger als die übrigen Striche sind. Es sind die, im Bild deutlich zu sehenden, Doppelstriche links, in der Mitte und ganz rechts. Die Verschwörungstheorie geht nun davon aus, dass diese Doppelstriche jeweils die Zahl 6 codieren und somit in jedem Strichcode ein 666 enthalten ist.

Diese Theorie hat jedoch zwei Fehler. Erstens ist der Strichcode ein Binärcode, die Begrenzungen am Anfang und Ende ergeben "101", die Begrenzung in der Mitte "01010", es handelt sich also auf keinen Fall dreimal um die gleiche Zahl. Laut EAN-Spezifikation könnte höchstens die Begrenzung rechts als 6 gelesen werden, aber auch nur, wenn der weiße Rand um den Code mit gelesen wird (die Begrenzung soll aber genau das verhindern).

Und zweitens gehören die Grenzmarker nicht zum eigentlichen Code, sondern dienen nur der Ausrichtung, sollen also dem Lesegerät die Grenzen des Codes zeigen.

Diese Verschwörungstheorie wird in verschiedenen Varianten, bis zu einer weltweiten satanistischen Verschwörung, verbreitet, hat aber aufgrund der offensichtlich falschen Grundannahmen keinerlei realistische Grundlage.

Strahlung

Die zweite Verschwörungstheorie geht davon aus, dass Strichcodes entweder irgendeine Form von Strahlung aussenden, oder empfangen. Die Theorie ist eher in der Esoteriker- und Öko-Szene verbreitet.

So schreibt ein Hersteller von Bio-Produkten:

"Immer wieder ist darüber zu hören und zu lesen, dass ein auf Produktpackungen aufgedruckter EAN-Code sich nachteilig auf die Gesundheit auswirkt, da er eine Antennenwirkung besitzen soll und negative Schwingungen der Umgebung, wie zB Elektrosmog aufnimmt und an das Produkt weiterleitet."

Da nicht wirklich klar ist, um welche Art von Schwingungen oder Strahlung es genau gehen soll, kann man nur das Prinzip an sich betrachten.

Auslesen

Strichcodes werden rein optisch ausgelesen. Das heißt der Scanner "sieht" den Code genau wie ein menschliches Auge, er beleuchtet ihn nur mit einer extra Lichtquelle (in diesem Fall eine rote Leuchtdiode). Danach interpretiert er den Code und erzeugt aus den Strichen die EAN-Zahl, eine einfache, bis zu 13-stellige Zahl, die das Produkt identifiziert. Diese Zahl wird meist auch noch unter den Strichcode gedruckt, um Menschenlesbar zu sein. Der Scanner selbst funktioniert dabei ähnlich wie verbreitete Büro-Scanner oder Kopierer. Der Code ist gleichwertig mit einer aufgedruckten Zahl, der Unterschied ist nur seine Maschinenlesbarkeit.

Der Strichcode ist dabei rein passiv, so wie eine Hausnummer, er wird vom aktiven Strichcode-Scanner gelesen.

Gedruckte Barcodes

In den meisten Fällen werden die EAN-Codes direkt mit auf die Produktverpackung bzw. das Etikett gedruckt. In diesen Fällen werden keine besonderen Materialien oder Farben eingesetzt. Es ist nur ein schwarzes Muster auf einem Papier (oder Plastik). Testen kann man dies einfach, indem man an einem herkömmlichen Drucker einen Strichcode ausdruckt, der dann genau so funktioniert.

Wenn der Strichcode irgendwelche Antenneneigenschaften haben sollte, oder Schwingungen empfängt, dann müsste das auch für den Rest der Verpackung gelten.

Geklebte Strichcodes

Manchmal werden Strichcodes als Aufkleber auf Verpackungen und Geräte geklebt. Dies sind meist im Thermotransferverfahren oder Thermodirektverfahren gedruckte Aufkleber. Auch hier kommen keine speziellen Materialien zum Einsatz. Es handelt sich um handelsübliche Folien, die keine Strahlung abgeben.

RFID-Etiketten

Der einzige Fall, in dem Strichcode-Etiketten Strahlung abgeben, ist wenn die Strichcodes auf Transponderetiketten (sogenannte RFID-Etiketten) gedruckt sind. Auch in diesem Fall geht die Strahlung nicht vom Strichcode aus, sondern unabhängig davon von einer kleinen Antenne, die im Aufkleber eingebaut ist.

Diese Transponder senden aber auch nicht von sich aus, sondern nur wenn sie durch ein Lesegerät durch Magnetfelder dazu angeregt werden.

RFID-Etiketten werden durchaus kritisch betrachtet, aber nicht aus gesundheitlichen oder energetischen Gründen, sondern vor allem auf Grund des Datenschutzes. Sie werden aber noch selten eingesetzt und sind praktisch nicht an günstigen Verbrauchsprodukten wie Lebensmitteln zu finden.

Gegenmaßnahmen

Durchstreichen

Die häufigste empfohlene Gegenmaßnahme ist das Durchstreichen oder Übermalen der Strichcodes. Welchen Effekt das auf eine angenommene weltweite satanische Verschwörung haben soll, ist nicht klar.

Bei der Strahlungstheorie ist die Frage wie ein Strich auf dem Code aus einer anderen chemischen Farbe (Kugelschreiber oder Filzstift) die Eigenschaften des Strichcodes selber ändern soll. Wenn "Strahlung" vom Produkt aufgenommen werden würde, wäre das Problem während einer langen Lagerzeit im Geschäft deutlich ausschlaggebender, als bei einer kurzen Lagerzeit in der eigenen Speisekammer, so dass ein nachträgliches deaktiviern keinen Ausschlag geben würde.

Der Bio-Hersteller Sonnentor "entstört" seine Strichcodes, offenbar auf Kundenwunsch, durch einen Querstrich. Da wir oben festgestellt haben, dass Barcodes keinerlei Strahlungs- oder Antennenwirkung haben, kann diese Maßnahme nur dazu dienen, das Gewissen der Kunden zu beruhigen und die Erkennungsrate an der Kasse zu verringern. Der Hersteller steht nach eigenen Angaben dem "Phänomen neutral gegenüber".

RFID deaktivieren

Bei RFID gibt es wirklich wirksame und hilfreiche Gegenmaßnahmen. In vielen Produkten, vor allem bei Kleidung, sind RFID-Etiketten gut erkennbar oder sogar beschriftet. Sie sind deutlich fester und dicker als herkömmliche Einnäher oder Aufkleber. Die wirksamste Methode ist, sie nach dem Kauf herauszuschneiden und über den Hausmüll zu entsorgen. Bei fest eingebauten RFID-Transpondern hilft es, sie einige Sekunden in die Mikrowelle zu legen. Die hohe Feldstärke dabei zerstört die Elektronik. Allerdings besteht hier die Gefahr, auch das Produkt zu beschädigen.

Gerade bei Transpondern, die wirklich Strahlung abgeben können, bringt ein bemalen, durchstreichen oder sonst wie verzieren nichts. Hier muss zwingend die Antenne beschädigt oder entfernt werden.

Fazit

Es ist davon auszugehen, dass diese Theorien zum einen von einer Faszination mit dem mystischen (Satanismus), zum anderen von technischem Unverständnis und Technikfeindlichkeit ausgehen. Die Strahlungstheorie ist nur durch vollkommenes Ignorieren aller technischen Fakten aufrecht zu erhalten.

Das wirklich vorhandene Datenschutzproblem von RFID-Transpondern wird so in die esoterische Ecke gezogen und durch Unwissenheit absurd gemacht.

Siehe auch

Weblinks